Evidenzbasiertes investieren- #3 Finanzgurus


Erkenntnis Nr. 3 - Finanzgurus und andere Einhörner

In Erkenntnisse Nr. 2 „Ignorieren Sie den Sirenengesang der täglichen Marktpreise“ haben wir untersucht, wie die Preisbildung an den Kapitalmärkten funktioniert und warum Anleger es vermeiden sollten, auf aktuelle Nachrichten zu reagieren. Die damit verbundenen Kosten und Herausforderungen gegenüber dem Wettbewerb sind einfach zu groß. Lassen Sie uns nun erklären, warum Sie auch schlecht beraten sind, wenn Sie einen Experten anheuern, der für Sie in den Ring steigt. Wie der Morningstar-Stratege Samuel Lee beschrieben hat, sind Fondsmanager die ihre Benchmarks dauerhaft übertroffen haben, "seltener als selten".


Gruppenintelligenz gewinnt schon wieder

In Erkenntnis Nr. 1 „Sie, der Markt und die Preise, die Sie bezahlen“ haben wir festgestellt, dass unabhängig voneinander denkende Gruppen (wie etwa die Kapitalmärkte) besser darin sind, genauere Antworten als selbst die klügsten Personen in dieser Gruppe zu liefern. Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass sich ihr Wissen sehr schnell und relativ genau an alle neuen und unerwarteten Nachrichten in den Preisen wiederspiegeln.

Selbst Experten, die sich auf die Analyse geschäftlicher, wirtschaftlicher, geopolitischer oder sonstiger marktrelevanter Informationen spezialisiert haben, stehen vor den gleichen Herausforderungen wie Sie. Nämlich wenn sie versuchen den Markt zu schlagen, indem sie eine ungewisse Reaktion auf unerwartete Nachrichten vorhersagen, die noch nicht bekannt sind. Auch für diese Experten bleibt die Gruppenintelligenz eine zu große Hürde – vor allem unter Berücksichtigung der Kosten.


Eine Behauptung ist ohne Beweis nichts wert.

Aber vielleicht kennen Sie einen außergewöhnlichen Börsenmakler, Fondsmanager, oder eine Fernsehpersönlichkeit, der oder die zur Elite der Finanzexperten zählt und in der Lage ist, solche Meisterleistungen zu vollbringen. Vielleicht haben sie eine herausragende Erfolgsbilanz, oder makellose Referenzen, eine „geheime Zutat“, bzw. einen besonderen Bekanntheitsgrad. Sollten Sie sich nicht an diese Experten mit den neuesten Markttipps wenden, anstatt sich nur mit „durchschnittlichen“ Marktrenditen zufrieden zu geben?

Lassen Sie uns für einen Moment die Markttheorie beiseitestellen und überlegen, was tatsächlich funktioniert hat. Gehen wir von folgender Unterstellung aus: Wenn sich die Anleger, die ihre Hausaufgaben gemacht haben, auf erstklassige Experten verlassen konnten, sollten wir dafür glaubwürdige Beweise erwarten können.

Das Problem: Leider fehlen solche Daten und Beweise gänzlich. Es gibt vielmehr eine Flut an Studien und Beweismaterial, die sogar das völlige Gegenteil belegen. Die Star Performer – sogenannte „aktive Manager“ – überdauern oft nicht die Zeit, geschweige denn schaffen sie es, langfristige Renditen auf Marktniveau zu erwirtschaften, oder diese gar zu übertreffen. Eine im Jahr 2013 von der Vanguard Group durchgeführte Recherche ergab, dass nur etwa die Hälfte der rund 1.500 aktiv verwalteten Investmentfonds aus dem Jahr 1998 bis in Jahr 2012 überlebten. Wiederum nur 18% davon übertrafen dabei ihre eigene Benchmark (Vergleichsindex). Dimensional Fund Advisors fand ähnliche Ergebnisse in einer unabhängigen Analyse der Performance von Investmentfonds über einen Zeitraum von 10 Jahren rückblickend ab 2017.

US-Amerikanische Aktienfonds

Quelle: Dimensional Fund Advisor, 2018; 15-Jahreszeitraum bis 31.12.2017

US-Amerikanische Anleihenfonds

Quelle: Dimensional Fund Advisor, 2018; 15-Jahreszeitraum bis 31.12.2017

Auf der ganzen Welt haben über die Jahrzehnte hinweg eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien die Performance von Fondsmanagern unter die Lupe genommen. Es wurde immer wieder festgestellt, dass diese nicht überzeugen.

  • Zu den frühesten derartigen Studien gehört die Veröffentlichung von Michael Jensens im Jahr 1967: „The Performance of Mutual Funds in the Period 1945–1964“. Er schlussfolgerte, es gebe „sehr wenig Anhaltspunkte dafür, dass ein einzelner Fonds wesentlich besser abschneiden kann, als es durch reinen Zufall erwartet werden könnte.“

  • Eine neuere wegweisende Studie ist jene von Eugene Fama und Kenneth French, aus dem Jahr 2009, mit dem Namen „Luck Versus Skill in the Cross Section of Mutual Fund Returns“. Die Finanzmarktforscher zeigten, dass „die hohen Kosten eines aktiven Managements sich in niedrigeren Renditen für die Anleger widerspiegeln.“

  • In den Jahrzehnten, welche zwischen diesen beiden Arbeiten liegen, wurden etwa 100 ähnliche Studien von den besten Wissenschaftlern der akademischen Welt veröffentlicht, einschließlich Jensen, Fama und French. Im Jahr 2011 überprüfte die niederländische Finanzmarktbehörde (AFM) diese Forschungen und stellte fest: „Aktive Fonds auszuwählen, die nach Abzug der Kosten eine Outperformance erreichen werden, ist daher außerordentlich schwierig.“

Wenn Sie darüber hinaus der Meinung sind, dass sich Hedgefonds-Manager und ähnliche „Finanzexperten“ in ihren noch spezifischeren Umgebungen besser behaupten können, dann müssen wir Sie leider enttäuschen: auch hier sind die Beweise eindeutig. Eine Barrons-Kolumne vom März 2014 befasste sich beispielsweise mit der Überlebensfähigkeit von Hedgefonds.

Der Autor berichtete, dass fast 10% der Anfang 2013 bestehenden Hedgefonds zum Jahresende geschlossen wurden und fast die Hälfte, der vor fünf Jahren verfügbaren Hedgefonds nicht mehr existieren (vermutlich aufgrund einer schwachen Performance).


Die Quintessenz

Bisher haben wir uns mit einigen Ihrer vermeintlichen „Anlageexperten“ auseinandergesetzt, denen Sie sich am Finanzmarkt gegenüberstehen sehen. Die gute Nachricht: es gibt einen „Weg des Investierens“, der es Ihnen erlaubt, solchen scheinbar übermächtigen Widersachern aus dem Weg zu gehen. Lassen Sie den Markt das tun, was er in Ihrem Interesse am besten kann.

Als Nächstes zeigen wir Ihnen die Strategien und Ihre „wahren Finanzfreunde“ beim Investieren auf. Wir beginnen mit dem einzigen Werkzeug des Investierens, das einem „kostenlosen Mittagessen“ (engl. „free lunch“) am ehesten gleichkommt: Diversifikation


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Andreas Russmann